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Spaziergang „vom Wingertsgässje bis zum Römerschbäig“

Eiskalt war es. Trotzdem fanden sich über 20 hartgesottene, dick verpackte Teilnehmer bei der Fortsetzung des Ortsrundganges am Dienstag, den 20. November 2018 um 14 Uhr am Treffpunkt ein. Los ging es am Wingertsgässje.

Dort gegenüber, in dem Haus, in dem sich heute ein Frisörsalon befindet, betrieb bis vor wenigen Jahren Karl Rauth sein Orthopädie-Schuhmachergeschäft. Viele Jahre war er weit über Crumbach hinaus der einzige Orthopädie-Schuhmachermeister. Sein Großvater Leonhard Rauth hatte das Anwesen 1874 erworben von dem „Taxiunternehmer“  Heldmann, genauer gesagt einem Pferdekutscherbetreiber, der mit seinen Droschken betuchte Einwohner in die umliegenden Städte beförderte. Der Vater von Karl Rauth gründete 1939 dann eine Schusterei, die 1964 Karl übernahm und sie zu dem Orthopädiefachgeschäft Rauth umwandelte. Im Jahr 1999 übergab er dann aus Altersgründen sein Lebenswerk an seinen Nachfolger Bischoff.

Drei Häuser nebenan steht das Stammhaus des heutigen Modehauses Zörgiebel. Gegründet wurde das Textilgeschäft im Jahr 1895 von Wilhelm Zörgiebel III.  Der kaufte dann 1933 das Haus in der Erbacher Straße und zog mit seinem Geschäft in die größeren Räume um. Nachdem auch diese Räume im Laufe der Zeit zu klein wurden, entstand in vierter Generation das heutige Modehaus im Siedlerweg.

Auch im Haus gegenüber war das Textilgewerbe präsent. Dort betrieb eine Familie bis weit in die Nachkriegsjahre ihre Maßschneiderei. Älteren Crumbachern ist die Familie, die keine Nachkommen hatte, noch als „Kunze-Schneider“ bekannt.  

Die „Alme“ aufwärts, auf der anderen Straßenseite, residierte ehemals der Crumbacher Polizeidiener Peter Fornoff und direkt daneben verkaufte der Leonhard Bangert selbst gefertigte Schuhe in seinem Laden. Für seine maßgefertigten und qualitativ hochwertigen Schuhe soll der „Schuh-Bangert“ weit über die Region bekannt gewesen sein.

Zwei Häuser weiter, gegenüber der Einmündung des Römerbergs, gab es  bis 1941 die erste Bäckerei mit Ladengeschäft in Fränkisch-Crumbach. Bis vor wenigen Jahren konnte man an der Straßenseite noch die Treppe zum Eingang und daneben das kleine Schaufenster sehen. Ursprünglich wohnte in dem Anwesen eine Familie Götz. Der ehemalige Namen blieb erhalten und die Bäckerei Eitel wurde damit bei den Crumbachern zum „Götze-Bäcker“.

Der jetzige Eigentümer Philipp Eitel erläuterte uns, dass bereits sein Großvater Peter Eitel 1892 dort mit dem Brotbacken begann, allerdings nur im Nebenerwerb, denn leben konnte man davon nicht. 1928 eröffnete dann sein Vater Georg, der Bäckermeister war und dazu auch noch den Meistertitel als Konditor erworben hatte, den Bäckerladen.  Ganze 16 Brote wurden in der Woche gebacken und verkauft. Mehr war nicht drin, denn die meisten Familien backten zur damaligen Zeit ihr Brot noch selbst, weil ihnen zum Kaufen einfach das Geld fehlte. Von dem Brotverkauf alleine konnte Georg Eitel deshalb seine Familie nicht ernähren und so betrieb der Bäckermeister auch noch eine Landwirtschaft. Die Bäckerei bestand jedoch nur wenige Jahre, da der Inhaber bald als Soldat eingezogen wurde. Vermutlich vorzeitig, weil er einen jüdischen Lehrling beschäftigt hatte, den er nicht entlassen wollte. Das Geschäft wurde dann notgedrungen vom Vater des Gründers bis 1941 weitergeführt. Als Georg Eitel krank vom Krieg heimkehrte, konnte er den Bäckerberuf nicht mehr ausüben. Sein Traum von der eigenen Bäckerei war beendet.

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